Die Fichte und ihre heilenden Kräfte

Fichte | Picea abies

 

Die Fichte ist ein Baum der Bergwälder. Sie wächst auf bis zu 2000 Meter als Einzelbaum oder im Mischwald und teilt ihre lindernden Kräfte mit uns.

In Monokulturen wird sie häufig mit Pestiziden gespritzt bzw. anderen Mitteln, die die Wuchskraft fördern sollen, behandelt. Derartige Bäume sind unserer Gesundheit nicht dienlich. Die sollte man beim Sammeln besser auslassen und lieber auf einzeln stehende Bäume zurückgreifen.

Alles neu macht der Mai, sagt man doch?! Die Fichte zeigt uns das eindrucksvoll mit ihren nicht übersehbaren hellgrünen Spitzen an den dunkelgrünen Zweigen, die lustig im Wind hin und her schaukeln. Und diese Spitzen sind im Frühling auch das Objekt der Begierde, kann man doch allerlei Heilsames und Schmackhaftes aus ihnen zaubern.

Es ranken sich vielerlei Geschichten rund um die Fichte, weshalb man davon ausgehen kann, dass der Baum schon vor vielen Jahren eine geschätzte und wertvolle Heilpflanze war. „Guten Morgen Frau Fichte, hier bring ich dir die Gichte“ sollte ein Rheumakranker sagen und dem Baum die Schmerzen übertragen. Es wird ihr ebenso nachgesagt, dass sie bei Mitessern, Hühneraugen oder Warzen helfen soll. Hildegard von Bingen empfahl bei Viehseuchen, die Tiere in den Wald zu bringen oder ihnen frische Zweige in den Stall zu legen. Das würde sie zum Husten bringen und die Tiere könnten die schlechten Stoffe auswerfen. Darüber hinaus hat sie eine lange Tradition als Weihnachtsbaum und erfüllte jede Stube mit ihrem betörenden Duft. Und aus den Astquirlen wurden am Ende der Weihnachtszeit Rührlöffel gemacht.

Welche Pflanzenteile verwendet man?

Die Fichte ist ein immergrüner Nadelbaum mit einer Höhe von über 40 m und kann 500-600 Jahre alt werden. Ihr Stamm kann einen Durchmesser von bis zu 2 Metern erreichen –  somit ist die Fichte neben der Tanne der größte europäische Baum. Sie verträgt Temperaturen von bis zu Minus 60°C, wächst auch noch auf 2000 Metern Seehöhe und bildet somit die Baumgrenze. Die Fichte ist ein Flachwurzler, was bedeutet, dass sich ihre Wurzeln unmittelbar unter der Erdoberfläche befinden, weshalb sie auch besonders windbruchgefährdet ist. Im Gegensatz dazu haben Tannen oder Föhren eine Pfahlwurzel.

Die Blätter sind nadelförmig, quirlig angeordnet, steif, spitz und stechend.

„Die Fichte sticht, die Tanne nicht“ – dieser Spruch kann beim Bestimmen hilfreich sein.

ACHTUNG! Es ist außerordentlich wichtig, die Fichte richtig zu bestimmen. Eine Verwechslung mit der hochgiftigen Eibe könnte tödlich enden.

Die Zapfen sind hängend und fallen im Ganzen ab.

Die Fichte ist der mit Abstand häufigste und wirtschaftlich bedeutendste Baum in Österreich.

Gesammelt werden die jungen, hellgrün leuchtenden Triebspitzen wegen ihrer zahlreichen gesunden Inhaltsstoffe.

Inhaltsstoffe: Harze, äth. Öle, Vitamin C, Flavonoide, Terpene, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Mineralien, Limonen oder Ameisensäure

Sammelzeit: die jungen Triebspitzen von Ende April bis Juni (nur die Seitentriebe), Nadeln ganzjährig, Harze nach Verfügbarkeit

Beim Sammeln ist wie bei allen Wildpflanzen besonders darauf zu achten, dass man dem Baum nicht schadet. Man sammelt immer nur wenig von einem Zweig und niemals den Haupttrieb. Am besten nur die Spitzen von tiefen und innenliegenden Ästen. Das Harz soll nur geerntet werden, wenn es sich leicht mit den Fingern lösen lässt. Nur dann ist der Wundverschluss vom Baum abgeschlossen.

 

Warum ist die Fichte so wertvoll?

Fichtennadeln enthalten viele ätherische Öle, die durchblutungsfördernd und befreiend auf die Atemwege wirken. Ihr relativ hoher Vitamin C-Anteil darf auch nicht unterschätzt werden. In früheren Zeiten war Vitamin C-Mangel (Skorbut) eine weitverbreitete und ernsthafte Krankheit, weshalb die Fichtentriebe im Winter oft in die Ernährung integriert wurden. Die Fichtenspitzen können zu Sirup, Bonbons, Sauerhonig, Tee, Schnapsansätze, Likör oder Hydrolaten verarbeitet werden und helfen bei grippalen Infekten, Bronchitis, Husten oder Schnupfen. Man verwendet die Nadeln für Aufgüsse oder Tinkturen bei Gliederschmerzen, Rheuma und Erschöpfung. Aus dem Baumharz entstehen wundheilende Salben. Die Rinde wird gerne zum Räuchern verwendet. Der berühmte Schwarzwälder Schinken erhält sein unverwechselbares Aroma von Fichtenholzspänen. Die getrockneten und vermahlenen Nadeln können wunderbar als Beigabe zum Mehl beim Brotbacken verwendet werden und geben dem Brot einen würzigen Geschmack.

Vorsicht: nicht bei Asthma, Krampfhusten, Herzschwäche oder Bluthochdruck anwenden. Das ätherische Öl der Fichte sollte nicht unverdünnt angewendet werden und ist auch nicht bei Babys und Kleinkindern einzusetzen.

 

Mit der Fichte Leib & Seele verwöhnen!

Fichtenoxymel

1 Teil Apfelessig, 3 Teile Honig, ½-1 Teil zerkleinerte Fichtenwipferl. Den Honig mit mit dem Essig in einem Glas mischen bis sich der Honig auflöst. Die Wipferl dazugeben, verschließen und 4-6 Wochen ziehen lassen. Dabei regelmäßig schütteln damit sich die wertvollen Inhaltsstoffe lösen. Nach der Ziehzeit durch einen Kaffeefilter abseihen und in einer dunklen Flasche aufbewahren. Bei Bedarf, 3 Esslöffel pro Tag pur oder leicht verdünnt in lauwarmem Wasser einnehmen.

 

Maiwipferl-Schicht-Sirup

Ein denkbar einfaches und schon sehr altes Rezept ist die Herstellung eines Wipferlhustensirups. Dazu benötigt man lediglich ein Glas, ein paar frische Triebspitzen (das ist wichtig, weil wir die Feuchtigkeit brauchen, um den Zucker aufzulösen), Rohrzucker und Zeit.

Der Ansatz wird im Glas geschichtet. Man beginnt immer mit einer guten Schicht Zucker, darauf ein paar frische Wipferl, dann wieder Zucker und wieder Wipferl, bis das Glas voll ist. Die letzte Schicht muss wieder Zucker sein. Das Glas verschließen und an einen kühlen Ort stellen. Früher hat man das Glas im Garten vergraben, um eine gleichbleibende Temperatur zu gewährleisten. Heute kann ein kühler Keller das Erdloch ersetzen. Und dann heißt es warten. Das Glas darf nicht mehr geöffnet werden, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat. Es kann schon 2-3 Monate dauern, bis der Sirup fertig ist. Aber das Warten lohnt sich!

 

Waldpralinen

Mit Fichtentrieben kann man im Handumdrehen schmackhafte Pralinen herstellen. Dazu tunkt man die hellgrünen Triebspitzen in die geschmolzene Lieblingsschokolade, lässt es auf einem Backpapier trocknen und schon hat man eine süße Leckerei. Wer möchte, kann als i-Tüpfelchen noch geriebene Nüsse, Kakao- oder Kokossplitter drüberstreuen. Übrigens – Kleckerei inklusive 😉!!

 

 

Die Fichte ist also aus vielerlei Gründen einer der wichtigsten heimischen Bäume. Schaut doch beim nächsten (Wald)Spaziergang einmal genauer hin und holt ganz tief Luft ;-)!

Alles Liebe,

Angelika & Silvia

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